Es gibt viele gute Gründe für Social Freezing. In Zeiten, in denen sich Frauen vermehrt im höheren Alter für Kinder entscheiden oder der Lebenspartner einfach noch nicht gefunden wurde, können die Eizellen unkompliziert, kostengünstig und mit geringem Risiko für 10 Jahre eingefroren werden.
Auch wenn das Thema „künstliche Befruchtung“ heutzutage weniger stigmatisiert und vermehrt in der Öffentlichkeit besprochen wird, ist das Allgemeinwissen über die eigentliche Behandlung immer noch relativ gering. Daher werden die häufigsten Fragen rund um Untersuchung, Anspruch an die Krankenkasse und die Kosten im folgenden Beitrag beantwortet.
Was ist Social Freezing?
Die Kryokonservierung, umgangssprachlich auch als Social Freezing bekannt, bezeichnet den präventiven Vorgang, bei dem unbefruchtete Eizellen ohne medizinische Indikation entnommen und anschließend eingefroren werden.
Diese Methode ermöglicht es Frauen, den mit dem Alterungsprozess einhergehenden Verlust ihrer Fruchtbarkeit vorzubeugen und den Kinderwunsch zu einem späteren Zeitpunkt zu erfüllen, indem die Eizellen wieder aufgetaut und künstlich befruchtet werden.
Gründe für Social Freezing
Der Mythos, dass sich vornehmliche karriereorientierte Frauen für eine Behandlung entscheiden, hält sich bis heute. Dabei sind die Ursachen vielfältig. Laut Statistischem Bundesamt liegt das Durchschnittsalter der ersten Geburt in Deutschland im Jahr 2021 bereits bei rund 30 Jahren [1]. Zum Vergleich: Im Jahr 1970 lag das Durchschnittsalter der Mutter bei der ersten Geburt noch bei 24 Jahren [2].
Häufig haben Frauen bereits in jungen Jahren einen Kinderwunsch, jedoch noch nicht den passenden Partner zur Familiengründung gefunden. Die Konservierung von Eierstöcken ermöglicht Frauen, ihren Kinderwunsch auch in einem höheren Alter zu erfüllen [3].
Einige medizinische Bedingungen, wie zum Beispiel eine Erkrankung, eine Chemotherapie bei Krebspatienten oder genetische Risiken, können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Medical Freezing (Eizellen einfrieren aus medizinischen Gründen), bietet eine ideale Möglichkeit, die Fruchtbarkeit zu erhalten, bevor medizinische Maßnahmen ergriffen werden.
In Deutschland dürfen eingefrorene Eizellen gemäß dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) für einen Zeitraum von maximal zehn Jahren aufbewahrt werden. Diese Frist kann unter bestimmten medizinischen Bedingungen auf bis zu 30 Jahre verlängert werden. Es ist wichtig zu betonen, dass die Verlängerung der Aufbewahrungsfrist in der Regel an strenge medizinische Kriterien gebunden ist und eine ausführliche Beratung erfordert [5].
Das ideale Alter, um Eizellen einfrieren zu lassen
Die Qualität der Eizellen nimmt mit zunehmendem Alter ab – in medizinischer Terminologie spricht man auch von einer Abnahme der Euploidie der Zellorganismen. Ab Mitte 30 sinkt die Fruchtbarkeit rapide. Zusätzlich nimmt die natürliche Eizellreserve mit steigendem Alter ab, weshalb mehr Behandlungszyklen erforderlich sind, um die gleiche Anzahl an Eizellen zu gewinnen [4].
Es wird generell empfohlen, für das Social Freezing mindestens 10 bis 20 Eizellen zu entnehmen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 mit 520 ICSI-Zyklen haben Frauen im Alter von 34, 37 und 42 Jahren bei 20 eingefrorenen Eizellen jeweils eine Erfolgschance von 90 %, 75 % bzw. 37 % für mindestens eine erfolgreiche Lebendgeburt. Eine 20-jährige Frau hat sogar mit 20 eingefrorenen Eizellen eine Wahrscheinlichkeit von 94 %.
Wie viel kostet das Einfrieren von Eizellen?
Die Kosten für das Einfrieren von Eizellen können je nach Kinderwunschzentrum und individuellen Umständen variieren. In Deutschland liegen die durchschnittlichen Kosten für das Einfrieren von Eizellen (inklusive der hormonellen Stimulation und der Eizellentnahme) zwischen 2.000 € und 4.000 €.
Es ist wichtig zu beachten, dass es sich hierbei um die Kosten der Eizellenentnahme und die Lagerung handelt. Zusätzliche Kosten können für Medikamente, die Befruchtung und eventuelle spätere Behandlungen anfallen.
Übernimmt die Krankenkasse Social Freezing?
In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel nicht die Kosten für Social Freezing, da es sich hierbei um eine vorsorgliche Maßnahme handelt, die nicht aus medizinischen Gründen notwendig ist. Die Kosten für das Einfrieren von Eizellen müssen in der Regel privat getragen werden und können je nach Klinik und individuellen Umständen variieren.
Im Fall von Medical Freezing, dem Einfrieren von Eizellen aus medizinischer Notwendigkeit, greift die Kassenleistung dagegen. Seit 1. Juli müssen gesetzliche Krankenkassen bei Krebspatientinnen für Maßnahmen zahlen, die die Fruchtbarkeit erhalten können. Für Frauen bis 40 Jahre übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten für die Behandlungen von Medical Freezing.
Diese Leistungen beinhalten:
- Beratung durch Experten für Reproduktionsmedizin
- Laboruntersuchungen auf Infektionen (innerhalb von drei Monaten vor der Entnahme der Eizellen), Stimulationsbehandlung (ab 18 Jahren), Messung der Hormonwerte, Ultraschalluntersuchungen und die eigentliche Entnahme der Eizellen
- Kryokonservierung, einschließlich der Lagerung der Eizellen
Eizellen einfrieren: Methoden
Damit sich Frauen auch im höheren Alter ihren Traum vom Wunschkind erhalten können, stehen in der Regel 2 unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Hierbei unterscheidet man zwischen der Vitrifikation und dem sogenannten Slow Freezing. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Methoden liegt in der Geschwindigkeit, mit der die Eizellen eingefroren werden.
Vitrifikation/Flash Freezing
Bei der Vitrifikation, auch als „Flash Freezing“ bekannt, werden die Eizellen in flüssigen Stickstoff eingetaucht, wodurch eine rasche Gefrierung innerhalb von Minuten ermöglicht wird. Die Geschwindigkeit spielt eine entscheidende Rolle beim Einfrieren von Eizellen, da sie einen hohen Wasseranteil haben. Daher ist es wichtig, eine Kristallisierung der Flüssigkeit zu vermeiden. Durch den Erfolg hat sich dieses Verfahren weitestgehend durchgesetzt. Die Überlebensrate gefrorener Eizellen beläuft sich auf über 92 %.
Slow Freezing
Erfolgsaussichten von Social Freezing
Die Erfolgsaussichten von Social Freezing hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter das Alter der Frau bei der Eizellentnahme, die Qualität der eingefrorenen Eizellen und die Methode des Einfrierens (Slow Freezing oder Vitrifikation).
Generell gilt, dass jüngere Frauen tendenziell höhere Erfolgsraten haben, da die Qualität der Eizellen in jüngeren Jahren besser ist. Eine erfolgreiche Schwangerschaft hängt auch von anderen Faktoren wie der Gesundheit der Gebärmutter und des Partners ab.
Welche Risiken bestehen beim Eizellen einfrieren?
Das Einfrieren von Eizellen ist ein minimalinvasiver Eingriff. Es erfordert lediglich einen kurzen ambulanten Eingriff, bei dem die Eizellen durch eine feine Nadel aus den Eierstöcken entnommen werden. Dies geschieht unter örtlicher Betäubung oder leichter Sedierung. Der Eingriff dauert in der Regel nur etwa 20 bis 30 Minuten.
Dennoch ist der Eingriff mit kleineren Risiken verbunden, über die die Patientinnen während des Vorgesprächs aufgeklärt werden. Zu den gängigsten Risiken zählen minimale gesundheitliche Beschwerden sowie die Fehlerrate während des Einfrier- und Auftauprozesses sowie der Befruchtung der Eizellen.
Gesundheitliche Risiken bei der Eizellentnahme
Risiken während des Einfrier- und Auftauprozesses
Der Prozess des Einfrierens und Auftauens kann die Zellmembranen beeinträchtigen, was sich möglicherweise auf die Funktionalität der Eizellen auswirkt. Nicht alle eingefrorenen Eizellen überstehen den Prozess des Auftauens erfolgreich. Dies kann die Erfolgschancen in zukünftigen IVF-Behandlungen beeinflussen.
Keine Garantie für eine erfolgreiche Schwangerschaft
Social Freezing ist keine Garantie für eine spätere Schwangerschaft. Es erhöht jedoch die Chancen auf ein Kind, insbesondere für Frauen, die aus medizinischen oder anderen Gründen den Zeitpunkt der Familienplanung hinauszögern möchten.
Fazit: Social Freezing verlängert Ihre Fruchtbarkeit
Social Freezing bietet Frauen die Möglichkeit, ihre fruchtbaren Jahre zu verlängern. Durch das Einfrieren von Eizellen können Sie Ihren Kinderwunsch zu einem späteren Zeitpunkt verwirklichen, selbst wenn die natürliche Fruchtbarkeit bereits nachgelassen hat.
Social Freezing ist eine vielversprechende Option, die die Selbstbestimmung über die Familienplanung stärkt und Ihnen mehr Möglichkeiten gibt, Ihr Leben ganz individuell nach den eigenen Vorstellungen und Wünschen zu gestalten.
Quellen
1. Statistisches Bundesamt (2023) — https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Bevoelkerung/Alter-bei-Geburt.html
2. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2018) — https://www.bib.bund.de/DE/Fakten/Fakt/F20-Alter-Muetter-bei-Erstgeburt-Deutschland-West-Ost-ab-1960.html
3. Hodes-Wertzet al., — Fertility & Sterility (2013)
4. Goldman RH, e. (2017) — Predicting the likelihood ofl ive birth for elective oocyte cryopreservation: a counseling tool for physicians and patients. — PubMed — NCBI. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28166330
5. Bundesamt für Justiz (2023) — https://www.gesetze-im-internet.de/eschg/BJNR027460990.html