„Wir hatten insgesamt 18 künstliche Befruchtungen“
Christiane und ich sind jetzt 16 Jahre zusammen und leben seit 2008 als eingetragene Lebenspartnerschaft, seit 2018 als verheiratetes Paar. Von Anfang an war klar, dass wir uns Kinder wünschen. Am besten drei. Wir sahen unsere Nichten von Geburt an aufwachsen, mit denen wir einen engen Kontakt haben. Wir haben uns zu zweit immer als Familie gesehen. Andere Paare streiten sich, aber bei uns war klar: „Da kommt nichts dazwischen“. Diese starke Verbindung ist seit Anbeginn auch für unsere Freunde und Familie spürbar. Sie hat uns dabei geholfen, als “normales Paar” wahrgenommen zu werden. Unsere Mütter hatten kein Problem mit unserer Verpartnerung, und doch fiel am „Hochzeitstag“ der Satz: „Schade nur, dass wir dann wohl keine Enkel bekommen.“
„Mit wieviel Mann möchten wir erziehen?“
Wir haben uns viele Gedanken gemacht, welche Möglichkeiten wir als gleichgeschlechtliches Paar beim Thema Kinderwunsch hätten — zum Beispiel auch über die Frage: „Mit wieviel Mann möchten wir erziehen?“ Wir wollten keinen homosexuellen Freund fragen, ob er leiblicher Vater unseres Kindes werden will. Das erschien uns zu kompliziert. Und so entschieden wir, dass wir selbst erziehen wollen, ohne Vater, der Rechte anmeldet. Ich war damals 33 Jahre und Christiane 46 Jahre — zu alt für eine Adoption. Also kam nur eine Samenspende in Betracht. Weil ich die Jüngere von uns beiden bin, sollte ich das Kind austragen.
Tipps zum Kinderwunsch beim Kirchentag
Heutzutage kann eine Behandlung mit Spendersamen auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren durchgeführt werden. 2009 war das noch anders und eine rechtliche Grauzone. Die Krankenkasse zahlte nichts, denn um Zuschuss zur künstlichen Befruchtung zu erhalten, hätten wir nachweisen müssen, warum eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg nicht möglich ist. In unserem Fall also ein schlechter Scherz!
Ausgerechnet auf einem Workshop des Kirchentages im Frauenzentrum zum Thema „Kinderwunsch“ haben wir dann die Bekanntschaft mit einer damals schwangeren Alleinerziehenden gemacht. Sie gab uns Tipps und Infos.
Das Einführen des Spermas musste ich selbst machen
Wir fanden eine deutsche Klinik sowie eine hiesige Samenbank. Das war im Frühjahr 2009. Alles schien einfach. Über den Spender wissen wir nichts, außer, dass er in Europa wohnt. Selbst die Blutgruppe erfuhren wir nicht.
Der Eingriff wurde notariell abgesichert. Den letzten Schritt der Insemination – das Einführen des Spermas mittels Katheter – habe ich selbst machen müssen. Nach rund zwei Wochen kam dann die Info, dass es nicht geklappt hatte. Das war schon enttäuschend, aber wir gaben nicht auf.
Ich begann mit einer Hormonbehandlung. Sie schien anzuschlagen – und nach der zweiten Insemination erfuhren wir, dass es geklappt hatte und ich schwanger war! Doch kurz darauf hatte ich eine Fehlgeburt. Nach dieser wunderschönen Nachricht mussten wir plötzlich mit so viel Enttäuschung klarkommen. Das war nicht einfach, zumal der Arzt uns riet, nach der Fehlgeburt erst einmal eine dreimonatige Pause zu machen.
Der schlimmste Moment
Das Warten war furchtbar. Doch wir schafften es – und es folgte die nächste Insemination. Und die nächste. Und die nächste. Immer ohne Erfolg. Vieles liegt in unserer Erinnerung in einer Unschärfe, aber ich erinnere mich noch gut an den schlimmsten Moment, meinen absoluten Tiefpunkt. Ich weiß heute nicht mehr, der wievielte Versuch es war. Ich weiß nur: Ich war allein zuhause – Christiane befand sich auf Dienstreise — als das Telefon klingelte. Ich wusste, dass dieser Anruf von der Klinik war und man mir mitteilen würde, ob es diesmal geklappt hatte oder nicht. Ich ging ans Telefon und erfuhr, dass auch dieser Versuch erfolglos geblieben war. Da habe ich etwas getan, was ich nie zuvor und nie mehr danach getan habe: Ich suchte und fand in einer Schublade irgendeine alte Packung Zigaretten. Und ich fand Alkohol. Dann betrank ich mich und rauchte eine nach der anderen. Es war furchtbar.
Unser Glaube hat uns viel Kraft gegeben
Insgesamt hatte ich genau 16 erfolglose Inseminationen. Es war ein endloser Ritt. Rückblickend sind wir selbst erstaunt, wie wir diese anstrengende Zeit durchgestanden haben. Ich denke, unser Glaube hat uns viel Kraft gegeben. Aber auch die felsenfeste Beziehung zwischen Christiane und mir. Es hat mich so gestützt, die absolut passende Partnerin an meiner Seite zu wissen. Aber auch unsere Familien gaben uns Kraft, weil sie uns absolut so nahmen, wie wir sind.
Und dennoch hatten Christiane und ich manchmal unterschiedliche Ansichten. Denn natürlich war die Belastung auch finanziell deutlich spürbar. Ich hätte mir noch Geld von Freunden geliehen, um weitere Versuche zu starten. Aber Christiane ist vom Typ eher sachlich und sie hat mich gebremst. Wir hatten uns einen Endpunkt gesetzt: Wenn Christiane 50 ist, ist Schluss mit dem Thema Kinderwunsch.
Letzter Versuch: ICSI
Ende 2012 war Christiane 49 Jahre alt. Da entschieden wir uns, nach diesen 16 Versuchen, schließlich für eine ICSI. Warum wir diesen Entschluss nicht schon vorher gefasst haben? Wir wissen es nicht. Sicher hatte das auch wieder finanzielle Gründe, denn diese Behandlung ist ja wesentlich teurer. Bei der ICSI haben wir dann erfahren, dass von meinen neun entnommenen Eizellen nur zwei qualitativ gut waren. Das erklärte rückblickend, warum die Inseminationen nicht von Erfolg gekrönt waren.
Zwei Tage nach der Entnahme wurden die befruchteten Eizellen wieder eingesetzt. An das Warten erinnere ich mich noch heute, es war eine zweiwöchige Tortur. Am 22. Oktober 2012 kam der Anruf, auf den wir seit drei Jahren vergeblich gewartet hatten: „Sie sind schwanger!“
Die Schwangerschaft als pures Glück
Ich erinnere mich an das grandiose Gefühl in der Schwangerschaft: Das Wissen, unseren ersten Vierzeller in mir zu wissen! Ich habe jeden Moment genossen – und bis auf ein bisschen Sodbrennen fühlte ich mich wunderbar. Die Geburt war dagegen sehr kräftezehrend und dauerte 30 Stunden. Am 3. Juli 2013 kam Paulus dann auf die Welt. Das Kind, auf das wir so lange hatten warten müssen! Wir konnten uns gar nicht an ihm satt sehen.
Zwei Jahre nach Paulus’ Geburt entschieden wir uns für ein zweites Kind. Und diesmal klappte es auf Anhieb. Wir nutzten für die ICSI den gleichen Spendersamen wie bei Paulus – was uns praktisch erschien, denn so können beide Kinder später gemeinsam ihren Vater kennenlernen, wenn sie es wünschen. Ein berührender Moment fällt mir an dieser Stelle noch ein: An dem Tag, an dem mir die befruchtete Eizelle injiziert wurde, hatten wir keine Betreuung für den damals eineinhalbjährigen Paulus. Und so nahm ich ihn einfach mit. Das Gefühl, dass Paulus am Monitor mitverfolgen konnte, wie seine spätere kleinere Schwester in Form einer Eizelle in mir war – einfach unbeschreiblich schön!
Biblische Namen
Unser Mädchen wurde also 2015 geboren. Und auch sie trägt, genauso wie ihr Bruder, einen biblischen Namen: Rahel. Christianes Wunsch war es, biblische Namen zu wählen. Ich fand das zu Beginn nicht so gut, doch als ich sah, wie viele meiner vorgeschlagenen Namen biblisch waren, spürte ich: „Da hat Er mich wohl geleitet!“
„Der Papa wohnt in Europa“
Heute sind wir eine sehr glückliche, total normale Familie. Paulus, der acht Jahre alt ist, fragt beim Abendbrot öfter mal nach seinem Papa. Dann antworten wir ihm :„Ihr habt einen Papa, der wohnt nicht bei uns, aber in Europa.“ Damit gibt er sich zufrieden. Wird er in der Schule gefragt, wer die andere Frau neben mir ist, sagt er ganz selbstverständlich „Na, das ist meine andere Mama“.
Rückblickend hätten wir uns natürlich gewünscht, dass unsere Kinderwunschreise kürzer und weniger belastend gewesen wäre. Wir hätten sicherlich finanzielle Unterstützung gebrauchen können. Schade, dass es so schwierig ist, für homosexuelle Paare, Eltern zu werden. Und dass wir — nur wegen des innigen Wunsches, eine Familie zu sein — solch einen immensen Aufwand betreiben mussten.
Christiane hat beide Kinder adoptiert, für den Fall, dass mir etwas zustößt. Das war ein zauberhafter Moment, als wir das Gerichtsgebäude verließen und die vollendeten Adoptionen von Paulus und Rahel endlich durch waren. Es gibt so viele zauberhafte Momente, man muss sie nur wahr nehmen.
Über Fertilly
Wir bei Fertilly haben es uns zur Aufgabe gemacht, Paare (homo- und heterosexuell) und Singles auf dem Weg zur Erfüllung ihres Kinderwunsches zu begleiten. Dabei ist es uns wichtig Transparenz im Bereich der Angebote zum Thema Kinderwunsch zu schaffen, Informationen und Wissen zu den Themen Schwangerschaft und Fruchtbarkeit zu vermitteln und Dir und Euch dabei zu helfen, die am besten passende Kinderwunschklinik zu finden. Durch Kooperationen mit erstklassigen Kinderwunschzentren in Deutschland und im Ausland werden Anfragen über Fertilly bevorzugt behandelt. Somit umgehen unsere Patientinnen und Patienten die sonst meist langen Wartezeiten und kommen schneller an ihr Ziel.
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