Pu­blished: 17. Oc­tober 2022 | Up­dated: 19. De­cember 2023 Author: An­drea Helten | Re­viewed by Chris­toph Müller-Gun­trum

 „Wir hatten ins­ge­samt 18 künst­liche Be­fruch­tungen“

Chris­tiane und ich sind jetzt 16 Jahre zu­sammen und leben seit 2008 als ein­ge­tra­gene Le­bens­part­ner­schaft, seit 2018 als ver­hei­ra­tetes Paar. Von An­fang an war klar, dass wir uns Kinder wün­schen. Am besten drei. Wir sahen un­sere Nichten von Ge­burt an auf­wachsen, mit denen wir einen engen Kon­takt haben. Wir haben uns zu zweit immer als Fa­milie ge­sehen. An­dere Paare streiten sich, aber bei uns war klar: „Da kommt nichts da­zwi­schen“. Diese starke Ver­bin­dung ist seit An­be­ginn auch für un­sere Freunde und Fa­milie spürbar. Sie hat uns dabei ge­holfen, als “nor­males Paar” wahr­ge­nommen zu werden. Un­sere Mütter hatten kein Pro­blem mit un­serer Ver­part­ne­rung, und doch fiel am „Hoch­zeitstag“ der Satz: „Schade nur, dass wir dann wohl keine Enkel be­kommen.“

„Mit wie­viel Mann möchten wir er­ziehen?“

Wir haben uns viele Ge­danken ge­macht, welche Mög­lich­keiten wir als gleich­ge­schlecht­li­ches Paar beim Thema Kin­der­wunsch hätten — zum Bei­spiel auch über die Frage: „Mit wie­viel Mann möchten wir er­ziehen?“ Wir wollten keinen ho­mo­se­xu­ellen Freund fragen, ob er leib­li­cher Vater un­seres Kindes werden will. Das er­schien uns zu kom­pli­ziert. Und so ent­schieden wir, dass wir selbst er­ziehen wollen, ohne Vater, der Rechte an­meldet. Ich war da­mals 33 Jahre und Chris­tiane 46 Jahre — zu alt für eine Ad­op­tion. Also kam nur eine Sa­men­spende in Be­tracht. Weil ich die Jün­gere von uns beiden bin, sollte ich das Kind aus­tragen.

Tipps zum Kin­der­wunsch beim Kir­chentag

Heut­zu­tage kann eine Be­hand­lung mit Spen­der­samen auch bei gleich­ge­schlecht­li­chen Paaren durch­ge­führt werden. 2009 war das noch an­ders und eine recht­liche Grau­zone. Die Kran­ken­kasse zahlte nichts, denn um Zu­schuss zur künst­li­chen Be­fruch­tung zu er­halten, hätten wir nach­weisen müssen, warum eine Schwan­ger­schaft auf na­tür­li­chem Weg nicht mög­lich ist. In un­serem Fall also ein schlechter Scherz!

Aus­ge­rechnet auf einem Work­shop des Kir­chen­tages im Frau­en­zen­trum zum Thema „Kin­der­wunsch“ haben wir dann die Be­kannt­schaft mit einer da­mals schwan­geren Al­lein­er­zie­henden ge­macht. Sie gab uns Tipps und Infos.

Das Ein­führen des Spermas musste ich selbst ma­chen

Wir fanden eine deut­sche Klinik sowie eine hie­sige Sa­men­bank. Das war im Früh­jahr 2009. Alles schien ein­fach. Über den Spender wissen wir nichts, außer, dass er in Eu­ropa wohnt. Selbst die Blut­gruppe er­fuhren wir nicht.

Der Ein­griff wurde no­ta­riell ab­ge­si­chert. Den letzten Schritt der In­se­mi­na­tion – das Ein­führen des Spermas mit­tels Ka­theter – habe ich selbst ma­chen müssen. Nach rund zwei Wo­chen kam dann die Info, dass es nicht ge­klappt hatte. Das war schon ent­täu­schend, aber wir gaben nicht auf.

Ich be­gann mit einer Hor­mon­be­hand­lung. Sie schien an­zu­schlagen – und nach der zweiten In­se­mi­na­tion er­fuhren wir, dass es ge­klappt hatte und ich schwanger war! Doch kurz darauf hatte ich eine Fehl­ge­burt. Nach dieser wun­der­schönen Nach­richt mussten wir plötz­lich mit so viel Ent­täu­schung klar­kommen. Das war nicht ein­fach, zumal der Arzt uns riet, nach der Fehl­ge­burt erst einmal eine drei­mo­na­tige Pause zu ma­chen.

Der schlimmste Mo­ment

Das Warten war furchtbar. Doch wir schafften es – und es folgte die nächste In­se­mi­na­tion. Und die nächste. Und die nächste. Immer ohne Er­folg. Vieles liegt in un­serer Er­in­ne­rung in einer Un­schärfe, aber ich er­in­nere mich noch gut an den schlimmsten Mo­ment, meinen ab­so­luten Tief­punkt. Ich weiß heute nicht mehr, der wie­vielte Ver­such es war. Ich weiß nur: Ich war al­lein zu­hause – Chris­tiane be­fand sich auf Dienst­reise — als das Te­lefon klin­gelte. Ich wusste, dass dieser Anruf von der Klinik war und man mir mit­teilen würde, ob es diesmal ge­klappt hatte oder nicht. Ich ging ans Te­lefon und er­fuhr, dass auch dieser Ver­such er­folglos ge­blieben war. Da habe ich etwas getan, was ich nie zuvor und nie mehr da­nach getan habe: Ich suchte und fand in einer Schub­lade ir­gend­eine alte Pa­ckung Zi­ga­retten. Und ich fand Al­kohol. Dann be­trank ich mich und rauchte eine nach der an­deren. Es war furchtbar.

Lesbisches Paar

Unser Glaube hat uns viel Kraft ge­geben

Ins­ge­samt hatte ich genau 16 er­folg­lose In­se­mi­na­tionen. Es war ein end­loser Ritt. Rück­bli­ckend sind wir selbst er­staunt, wie wir diese an­stren­gende Zeit durch­ge­standen haben. Ich denke, unser Glaube hat uns viel Kraft ge­geben. Aber auch die fel­sen­feste Be­zie­hung zwi­schen Chris­tiane und mir. Es hat mich so ge­stützt, die ab­solut pas­sende Part­nerin an meiner Seite zu wissen. Aber auch un­sere Fa­mi­lien gaben uns Kraft, weil sie uns ab­solut so nahmen, wie wir sind.

Und den­noch hatten Chris­tiane und ich manchmal un­ter­schied­liche An­sichten. Denn na­tür­lich war die Be­las­tung auch fi­nan­ziell deut­lich spürbar. Ich hätte mir noch Geld von Freunden ge­liehen, um wei­tere Ver­suche zu starten. Aber Chris­tiane ist vom Typ eher sach­lich und sie hat mich ge­bremst. Wir hatten uns einen End­punkt ge­setzt: Wenn Chris­tiane 50 ist, ist Schluss mit dem Thema Kin­der­wunsch.

Letzter Ver­such: ICSI

Ende 2012 war Chris­tiane 49 Jahre alt. Da ent­schieden wir uns, nach diesen 16 Ver­su­chen, schließ­lich für eine ICSI. Warum wir diesen Ent­schluss nicht schon vorher ge­fasst haben? Wir wissen es nicht. Si­cher hatte das auch wieder fi­nan­zi­elle Gründe, denn diese Be­hand­lung ist ja we­sent­lich teurer. Bei der ICSI haben wir dann er­fahren, dass von meinen neun ent­nom­menen Ei­zellen nur zwei qua­li­tativ gut waren. Das er­klärte rück­bli­ckend, warum die In­se­mi­na­tionen nicht von Er­folg ge­krönt waren.

Zwei Tage nach der Ent­nahme wurden die be­fruch­teten Ei­zellen wieder ein­ge­setzt. An das Warten er­in­nere ich mich noch heute, es war eine zwei­wö­chige Tortur. Am 22. Ok­tober 2012 kam der Anruf, auf den wir seit drei Jahren ver­geb­lich ge­wartet hatten: „Sie sind schwanger!“

Ultraschallbild

Die Schwan­ger­schaft als pures Glück

Ich er­in­nere mich an das gran­diose Ge­fühl in der Schwan­ger­schaft: Das Wissen, un­seren ersten Vier­zeller in mir zu wissen! Ich habe jeden Mo­ment ge­nossen – und bis auf ein biss­chen Sod­brennen fühlte ich mich wun­derbar. Die Ge­burt war da­gegen sehr kräf­te­zeh­rend und dau­erte 30 Stunden. Am 3. Juli 2013 kam Paulus dann auf die Welt. Das Kind, auf das wir so lange hatten warten müssen! Wir konnten uns gar nicht an ihm satt sehen.

Zwei Jahre nach Paulus’ Ge­burt ent­schieden wir uns für ein zweites Kind. Und diesmal klappte es auf An­hieb. Wir nutzten für die ICSI den glei­chen Spen­der­samen wie bei Paulus – was uns prak­tisch er­schien, denn so können beide Kinder später ge­meinsam ihren Vater ken­nen­lernen, wenn sie es wün­schen. Ein be­rüh­render Mo­ment fällt mir an dieser Stelle noch ein: An dem Tag, an dem mir die be­fruch­tete Ei­zelle in­ji­ziert wurde, hatten wir keine Be­treuung für den da­mals ein­ein­halb­jäh­rigen Paulus. Und so nahm ich ihn ein­fach mit. Das Ge­fühl, dass Paulus am Mo­nitor mit­ver­folgen konnte, wie seine spä­tere klei­nere Schwester in Form einer Ei­zelle in mir war – ein­fach un­be­schreib­lich schön!

Bi­bli­sche Namen

Unser Mäd­chen wurde also 2015 ge­boren. Und auch sie trägt, ge­nauso wie ihr Bruder, einen bi­bli­schen Namen: Rahel. Chris­tianes Wunsch war es, bi­bli­sche Namen zu wählen. Ich fand das zu Be­ginn nicht so gut, doch als ich sah, wie viele meiner vor­ge­schla­genen Namen bi­blisch waren, spürte ich: „Da hat Er mich wohl ge­leitet!“

„Der Papa wohnt in Eu­ropa“

Heute sind wir eine sehr glück­liche, total nor­male Fa­milie. Paulus, der acht Jahre alt ist, fragt beim Abend­brot öfter mal nach seinem Papa. Dann ant­worten wir ihm :„Ihr habt einen Papa, der wohnt nicht bei uns, aber in Eu­ropa.“ Damit gibt er sich zu­frieden. Wird er in der Schule ge­fragt, wer die an­dere Frau neben mir ist, sagt er ganz selbst­ver­ständ­lich „Na, das ist meine an­dere Mama“.

Rück­bli­ckend hätten wir uns na­tür­lich ge­wünscht, dass un­sere Kin­der­wunschreise kürzer und we­niger be­las­tend ge­wesen wäre. Wir hätten si­cher­lich fi­nan­zi­elle Un­ter­stüt­zung ge­brau­chen können. Schade, dass es so schwierig ist, für ho­mo­se­xu­elle Paare, El­tern zu werden. Und dass wir — nur wegen des in­nigen Wun­sches, eine Fa­milie zu sein —  solch einen im­mensen Auf­wand be­treiben mussten.

Chris­tiane hat beide Kinder ad­op­tiert, für den Fall, dass mir etwas zu­stößt. Das war ein zau­ber­hafter Mo­ment, als wir das Ge­richts­ge­bäude ver­ließen und die voll­endeten Ad­op­tionen von Paulus und Rahel end­lich durch waren. Es gibt so viele zau­ber­hafte Mo­mente, man muss sie nur wahr nehmen.

Über Fer­tilly

Wir bei Fer­tilly haben es uns zur Auf­gabe ge­macht, Paare (homo- und he­te­ro­se­xuell) und Sin­gles auf dem Weg zur Er­fül­lung ihres Kin­der­wun­sches zu be­gleiten. Dabei ist es uns wichtig Trans­pa­renz im Be­reich der An­ge­bote zum Thema Kin­der­wunsch zu schaffen, In­for­ma­tionen und Wissen zu den Themen Schwan­ger­schaft und Frucht­bar­keit zu ver­mit­teln und Dir und Euch dabei zu helfen, die am besten pas­sende Kin­der­wunsch­klinik zu finden. Durch Ko­ope­ra­tionen mit erst­klas­sigen Kin­der­wunsch­zen­tren in Deutsch­land und im Aus­land werden An­fragen über Fer­tilly be­vor­zugt be­han­delt. Somit um­gehen un­sere Pa­ti­en­tinnen und Pa­ti­enten die sonst meist langen War­te­zeiten und kommen schneller an ihr Ziel.

Du möch­test Dich weiter über Kin­der­wunsch­zen­tren, Er­folgs­raten und Preise in­for­mieren, melde Dich gerne über diesen Fra­ge­bogen bei uns. Wir be­raten Dich kos­tenlos und un­ver­bind­lich.

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